Es könnte so einfach sein. Käufer und Verkäufer eines Kundenbestandes einigen sich. Der vereinbarte Kaufpreis wird überwiesen. Kunden und Versicherungspartner werden informiert. Alles ganz schnell und einfach. Leider ist dies nur im Idealfall so. Bestandskäufe laufen in der Realität oft ganz anders. AssekuranzDoc Peter Schmidt diagnostiziert, dass mehr als ein Bestandsverkauf als Odyssee endet - eine Reisegeschichte in zwei Teilen.
Einige Leser werden sich vielleicht noch an den klassischen Stoff aus dem Deutschunterricht vergangener Jahre erinnern. Der König von Ithaka brauchte nach dem zehnjährigen Trojanischen Krieg nochmal zehn Jahre, um in seine Heimat zurückzukehren. Diese Odyssee war abenteuerlich und endete damit, dass der König a.D. als Bettler unerkannt in Ithaka wieder ankam. Dem Chronisten war dies 23 Liedverse wert.
An diese Historie erinnert mich mehr als nur ein Bestandsverkauf, den ich begleitet habe. Doch bevor ich hier gebetsmühlenartig darlege, dass es mehr als wichtig ist, sich rechtzeitig mit dem Verkauf eines Bestandes zu befassen, möchte ich den Alltag an einem Beispiel schildern, der sich mit Rücksicht auf die handelnden Personen so nicht zugetragen hat. Unser Beispiel setzt sich aus den Erfahrungen mehrerer wahrer Fälle zusammen.
So beginnt es häufig – eine Empfehlung
Über eine Empfehlung wurde ich von den Geschäftsführern einer Maklerfirma, sagen wir in der Stadt S.*, zu einem Kennenlern-Gespräch eingeladen. Innenstadtlage und das Büro durch Größe und Ausstattung vielversprechend. Exzellent ausgestattete Räume mit sehr guten Arbeitsbedingungen für mehrere Mitarbeiter und ein gut organisierter Arbeitsablauf beeindrucken. Das Bild einer gestandenen und erfolgreichen Maklerfirma verfestigt sich bei mir.
Nachdem wir uns vorgestellt hatten und zwischen uns eine Vertrauensbasis entstand, verblieben wir so, dass ich ein Angebot für eine Wertexpertise unterbreiten konnte. Gesagt getan. Das Angebot wurde erstellt und von den Maklern angenommen, die Vorbereitungen für die Expertise begannen.
Auf Grundlage unseres Analysebogens mit ungefähr 200 Einzelpositionen wurden von den Auftraggebern akribisch die notwendigen Daten zusammengestellt. Viele Informationen wurden zügig aus dem sehr gut gepflegten Kundenverwaltungsprogramm gezogen. Für die Bereitstellung der Courtagedaten wurde ein externer Dienstleister beauftragt, der auch im Alltag der Maklerfirma das Controlling übernommen hatte. Die aktuellsten Bilanzen der GmbH wurden vom Steuerbüro zügig zur Verfügung gestellt.
Nach ungefähr einem Monat
Die Analyse der vorgelegten Daten begann. Details wurden per Mail oder im Telefonat auf kurzem Wege konkretisiert und ergänzt. Das Bild zu den quantitativen Parametern wurde zunehmend durch den analytischen Blick auf die qualitativen Merkmale ergänzt.
Ein weiterer Vor-Ort-Besuch galt dann einem tieferen Blick in den Workflow des Unternehmens. Wie erfolgen Beratungen? Wie wird dokumentiert? Welche Kundenkontakte sind technisch basiert erfasst? Wie erfolgt die Arbeit im Bestand?
Der Entwurf der Expertise wurde den Auftraggebern zum Feedback übermittelt. Nach einigen Präzisierungen wurde die Endfassung der Expertise erstellt. Der Bestandswert resultierend aus quantitativen und qualitativen Faktoren wurde ausgewiesen.
Aus dem Auswertungsgespräch mit meinen Auftraggebern zur vorgelegten Expertise wurde ein Auftrag, Kaufinteressenten zu finden und zu präsentieren. Aber es sollten Kaufinteressenten sein, die bereit sind, seinen Kaufpreis zu zahlen, der deutlich über dem ermittelten Wert lag.
Die Verwandlung des ermittelten Wertes in eine deutlich höhere Preisvorstellung mag verwundern. Aber Verkäufer neigen generell dazu, dass eigene Lebenswerk höherwertig einzustufen. Das bringen die vielen Mühen des Aufbaus eines ertragreichen Kundenbestandes und die Lösung vieler Kundenprobleme über die Jahre einfach mit sich.
2 Monate später
Aus unserer Datenbank zu potentiellen Käufern habe ich vier „auf dem Papier“ passende Interessenten ausgewählt. Kaufinteresse war vorhanden. Vordergründig stimmten Bonität und die jeweiligen Profile. Ein anonymisierter Steckbrief zum Bestand wurde an die ausgewählten Interessenten versendet. Dann wurde mit den Kaufinteressenten telefoniert. Nach den Telefonaten ergab sich eine Priorisierung und mit Kandidat 1 wurde bei den Verkäufern ein Termin vereinbart.
Kandidat 1 und die Verkäufer bewegten sich mit einem ähnlichen Geschäftsmodell am Markt. Beide hatten zwar andere Spezialisierungen, aber diese konnten im Fall der Einigung auch zu ertragreichen Synergien führen. Die Chemie zwischen den Gesprächspartnern stimmte und so konnte man schnell übereinkommen, dass man auf Grundlage einer Absichtserklärung die gewünschten Daten kurzfristig austauscht.
Im Hintergrund der Gespräche hatte Kandidat 1 mit meiner Unterstützung eine Teilfinanzierung des Kaufs mit einer empfohlenen Bank abgeklärt. Nach kurzer Zeit gab es von der Bank grünes Licht. Eine wichtige Hürde war genommen.
Inzwischen gab es mehrere Gespräche zwischen Kandidat 1 und den Verkäufern. Als Moderator hatte ich ein leichtes Arbeiten. Der Respekt zwischen den Verhandlungspartnern und ähnlich sachliches Herangehen erleichterten die Verhandlungen. In der Frage des Kaufpreises näherte man sich immer stärker an. Beide Seiten signalisierten Einigung. Doch dann kam der Crash. Die Kaufinteressenten teilten mir wie aus heiteren Himmel mit, dass man sich aus den Verhandlungen zurückziehe, weil man sich nicht klar darüber sei, was man mit dem Kaufbestand machen wolle. Eine überraschende Wende, aber nicht selten. Ein Konzept, eine Strategie zur Integration für das Kaufobjekt war wohl nicht ausreichend vorhanden.
Nach 7 Monaten - Alles auf Null.
Mit Kandidat 2 geht es erneut in den Verhandlungsprozess. Kennenlernen. Abchecken. Nach den ersten Gesprächen bekundet der Kaufinteressent sein starkes Interesse am Kauf.
Lesen Sie hier, wie es im 1. Teil weitergeht...
Teil 2 und das Ende der Odyssee ist hier veröffentlich...
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